Wie russische Software auf Polizeicomputern landete

Das Firmenmaskottchen Stachelschwein Egon überzeugte offenbar die Brandenburger Polizei. Sie verzichtete auf eine offene Ausschreibung der Software.
Wie wir in der “Welt am Sonntag” berichtet haben, hat die Brandenburger Polizei auf 8500 Computern aus Russland finanzierte Sicherheitsoftware installiert. Es handelt sich dabei um ein Produkt aus dem Firmengeflecht der Moskauer Geschäftsfrau Natalya Kaspersky, deren Nähe zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB seit Jahren bekannt ist.
Schon das ist fragwürdig. Noch dazu ist auch die Ausschreibung für die gewünschte Software ungewöhnlich verlaufen. Statt einen echten Wettbewerb zu ermöglichen, legte sich die Brandenburger Polizei schon vor der Ausschreibung auf das Produkt der Firma EgoSecure fest. Vergaberechtlich ist eine solche “produktscharfe” Ausschreibung allerdings nur dann möglich, wenn eine Prüfung vorher ergeben hat, dass kein anderes Produkt in Frage kommt.
Wir wollten deshalb beim Brandenburger Innenministerium die Vergabeakte einsehen. Besonders interessierten uns natürlich die Passagen, in denen die Alternativlosigkeit für EgoSecure dokumentiert ist. Wir stellten einen Antrag nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) in Brandenburg. Als Antwort erhielten wir folgenden Bescheid und einige wenige Seiten aus der Akte.
Den Angaben zufolge hat die Software von EgoSecure den Brandenburger Bedürfnissen also “am besten” entsprochen – und nicht wie zu erwarten gewesen wäre als einzige. In einem fairen Vergabeprozess hätten andere Anbieter nachbessern können oder günstiger sein können. Aber dazu sollte es nicht mehr kommen.
Welche andere Produkte getestet wurden, teilte man uns auch nach vier Wochen Bearbeitungszeit nicht mit. Die Informationen zu erhalten dürfte auch weiterhin schwierig bleiben. Denn laut Zentraldienst der Polizei sind ausgerechnet jene Punkte vom Akteneinsichtsrecht ausgenommen, “die Rückschlüsse auf die im Vergabeverfahren beteiligten Bewerber bzw. Rückschlüsse auf die im Beschaffungsverfahren bewerteten Produkte zulassen”.
Dieser Teil der Akte liege überdies auch gar nicht bei der Polizei, wurde uns mitgeteilt, sondern beim Landesbetrieb Brandenburgischer IT-Dienstleister, der nun unsere Anfrage weiter bearbeiten soll.
Aus der bislang veröffentlichten Akte wird eines aber deutlich: Die Brandenburger Polizei hat sich nicht einmal an die “allgemeine Leistungsbeschreibung” der eigenen Vergabe gehalten. Dort steht unter Punkt 1: “direkter Support durch den Hersteller, kein Distributor zwischen Hersteller und Kunde.” Obwohl diese Forderung als “Ausschlusskriterium” definiert ist, erhielt am Ende die Neam IT-Services GmbH aus Paderborn den Zuschlag. Das Systemhaus ist ein Partner und Distributor des Software-Herstellers EgoSecure GmbH aus Baden-Württemberg.