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Eventim und der DFB: Seltsame Nähe

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Eventim und der DFB: Seltsame Nähe

WM-OK - Horst SchmidtHorst R. Schmidt arbeitete für den DFB als Schatzmeister und parallel für Eventim als Aufsichtsrat. (Foto dpa)
 

Wir haben kürzlich umfassend über den Ticketskandal während des Sommermärchens berichtet. Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 sollen der DFB-Manager Willi Behr und Multimillionär Klaus-Peter Schulenberg, Chef des Kartenhändlers Eventim, schmutzige Geschäfte gemacht und tausende Tickets auf den Schwarzmarkt verschoben haben. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt. Der DFB hat auf Anfrage mitgeteilt, dass der Verband 2010 sofort durchgegriffen habe, als er von den Vorwürfen erfuhr. Der DFB warf Willi Behr offenbar umgehend raus, aber die Geschäftsbeziehung zum gleichermaßen Beschuldigten Klaus-Peter Schulenberg blieben weiter bestehen.

 „Der DFB hat von den Vorwürfen gegen einen ehemaligen freien Mitarbeiter, die Gegenstand des derzeit noch laufenden Ermittlungsverfahrens in München sind, erstmals im September 2010 erfahren. Damals wurde der DFB in dieser Angelegenheit als Zeuge von der Staatsanwaltschaft aufgesucht und hat den Behörden dabei nicht nur umfangreiche Unterlagen überlassen, sondern seine umfassende Unterstützung zur Aufklärung zugesagt. Daneben hat sich der Verband umgehend von dem freien Mitarbeiter getrennt und diesen Vorgang direkt per Pressemitteilung kommuniziert. Seit dieser Zeit gibt es keine geschäftlichen Beziehungen mehr zu dieser Person.”

Wie jetzt herauskommt machte der DFB offenbar mindestens noch bis 2013 Geschäfte mit Eventim. Wenige Tage nach unserem Bericht zum Ticketskandal meldete die “Sport Bild”, dass sich der DFB als Konsequenz aus der Affäre nun doch auch von Eventim getrennt habe.

Bildschirmfoto 2014-12-02 um 10.26.05Warum der DFB gegen Willi Behr und Klaus-Peter Schulenberg mit zweierlei Geschwindigkeiten vorgeht, lässt sich zumindest für das Jahr 2010 mit wirtschaftlichen Zwängen erklären. Eventim organisierte auch für die Frauenfußball-WM 2011 den Ticketvertrieb. Vermutlich hätte der DFB ein Riesenproblem bekommen, wenn er kurz vor der Frauen-WM seinen Kartenvertriebspartner ausgetauscht hätte. Sofern die Verträge das überhaupt zugelassen hätten. Die enge wirtschaftliche Verflechtung erklärt allerdings nicht, warum die Partnerschaft dann noch so lange andauerte.

Offenbar war das Verhältnis des Verbands mit seinem Ticketpartner sehr eng, vielleicht zu eng, wie eine Personalie zeigt. Horst R. Schmidt, hochrangiger Funktionär und DFB-Schatzmeister (2007 bis 2013) wurde 2009 in den Aufsichtsrat von Eventim berufen, wie der Geschäftsbericht auf Seite 127 zeigt.

Der Aufsichtsrat soll die Geschäftsführung einer Aktiengesellschaft kontrollieren. Ob das bei Eventim gut funktioniert hat, ist zumindest fraglich, denn dem Firmenchef  Klaus-Peter Schulenberg gehören mehr als die Hälfte der Aktien. War das Aufsichtsratsmandat also eher ein Dankeschön für einen langjährigen Geschäftspartner auf DFB-Seiten? Horst R. Schmidt teilt dazu mit:

“Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß meine Mitwirkung im AR von CTS Eventim vor meiner Kenntnis der O&P Vorgänge lag und dann sofort beendet wurde, sie dauerte etwa 18 Monate.” (O&P ist die Firma, mit deren Hilfe Behr und Schulenberg die Schwarzmarktickets verschoben haben sollen, Anm. d. R.)

Ein Problembewusstsein für den Interessenkonflikt zwischen seinen Ämtern als DFB-Schatzmeister und Eventim-Aufsichtsrat entwickelte Schmidt offenbar erst, als die Staatsanwaltschaft im September 2010 wegen des Ticketskandals beim DFB vorstellig wurde. Noch im gleichen Monat verließ er den Eventim-Aufsichtsrat. Dass er den Posten letztlich wegen der Affäre Behr räumen musste, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn ausgerechnet Horst R. Schmidt war im Organisationskommittee der WM 2006 in Deutschland der direkte Vorgesetzte von Willi Behr.

Man kann es auch so ausdrücken: Der Ex-DFB-Manager Willi Behr soll heimlich für Klaus-Peter Schulenberg und Eventim gearbeitet haben und muss nun Staatsanwälte fürchten. Sein Ex-Chef Horst R. Schmidt arbeitete ganz offiziell für Eventim und parallel für den DFB. Und er kann heute ruhig schlafen.

Streng vertraulich! Das WELT Investigativ Blog


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