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Die Politikerin, das Schließfach und Spendengelder

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Die Politikerin, das Schließfach und Spendengelder

Eine prominente AfD-Politikerin, ihr gemeinnütziger Verein und 98.000 Euro Spendengelder, die offenbar in einem Schließfach deponiert wurden ohne dass es vereinsintern Belege darüber gab. Das und noch einige andere Beispiele dubiosen Finanzgebarens waren die Zutaten unserer Geschichte in der „Welt am Sonntag“ über die Berliner Bundestagskandidatin Beatrix von Storch.

Sie hat unsere Leser sehr interessiert: Sie war – trotz Bayernwahl – das meistgelesene Stück des Sonntags auf „Welt Online“, 3.100 Leser haben sie auf Facebook empfohlen, 400 sie getwittert. Fast 550 haben sie kommentiert – durchaus kontrovers. Die Reaktionen lassen sich zwei Lagern zuordnen: Unglaublich, was die Dame sich herausnimmt; ein Versuch der Zeitung, der AfD im Wahlkampf zu schaden.

Beatrix von Storch argumentierte gestern in einer Stellungahme in die gleiche Richtung. Die Vorwürfe seien Mutmaßungen, “haltlos und nicht begründet”. Trotzdem hat sie am Montag – einen Tag nach unserer Berichterstattung – einen Notar die fraglichen 98.000 Euro im Schließfach testieren lassen.

Es wäre für Frau von Storch ein Leichtes gewesen, frühzeitig jeglichen Verdacht auszuräumen. Wir hatten ihr bereits am Mittwoch vergangener Woche einen umfassenden Fragenkatalog geschickt, den wir hier samt ihrer Antworten dokumentieren wollen. Die Antworten sind in wesentlichen Punkten (98.000 Euro im Bankschließfach, Chile-Reise, Bezahlung privater Rechnungen) ausweichend, unpräzise – oder es gab gar keine. Auch die Erklärung von gestern liefert diese Antworten nicht.

Frau von Storch hat auf unsere Fragen beispielsweise nicht geantwortet, dass es für die vereinsinterne Buchhaltung selbstverständlich in allen Fällen ordnungsgemäße Belege gab. Sie hat die Frage mit Verweis auf den Verbleib des Geldes in einem Schließfach beantwortet, also gar nicht. Sie hat auch nicht geantwortet, dass sie oder ihr Mann niemals Spendengelder für private Zwecke ausgegeben haben. Auch die Bitte, die Summen einzeln aufzulisten, hat sie ignoriert. Warum?  Und über die 10.000 Euro Vereinsgeld, die ihr Mann in Chile abgehoben hat, schreibt sie, es habe sich um ein Darlehen gehandelt, das ordnungsgemäß verbucht ist.

Wir haben Frau von Storch deshalb noch vor Veröffentlichung am Freitag schriftlich Nachfragen gestellt, die sich auf zwei Punkte konzentrierten: Das Geld im Schließfach und das angebliche Darlehen über 10.000 Euro (die Bar-Abhebungen in Chile).

WamS: Können wir einen Beleg für das Bankschließfach einsehen oder als Kopie erhalten, auf dem die 98.000 Euro liegen?

BvS: Wir sehen keine Veranlassung, Dritten, einschließlich Mitarbeitern der Medien, vertrauliche Unterlagen unseres Vereins zukommen zu lassen, aus denen sich entnehmen lässt, bei welcher Bank und in welcher Filiale unser Verein sein Bankschließfach unterhält. Hiervon ausgenommen sind selbstverständlich die Einsichtsrechte unserer Mitglieder sowie die Vorlage der entsprechenden Belege beim Finanzamt.

WamS: Zu dem 10.000-Euro-Darlehen aus dem Geld, das Herr von Storch in Chile abgebucht hat: Zum welchem Datum wurde das Darlehen verbucht? Welche Laufzeit und welcher Zinssatz sind vereinbart? Wer hat für den Verein Zivile Koalition den Darlehensvertrag unterschrieben?

BvS: Hier gilt das oben Ausgeführte entsprechend. Wir sehen keine Veranlassung, Dritten, einschließlich Mitarbeitern der Medien, vertrauliche Informationen über die wirtschaftlichen Angelegenheiten unseres Vereins zukommen zu lassen. Hiervon ausgenommen sind ebenfalls selbstverständlich die Einsichtsrechte unserer Mitglieder sowie die Vorlage der entsprechenden Belege beim Finanzamt.

Beatrix von Stroch verweist also mehrfach auf die Einsichtsrechte der Mitglieder des Vereins. Sie suggeriert damit eine Kontrolle der Finanzen und eine Instanz, die im Falle von Unregelmäßigkeiten auch die beiden Vorsitzenden – Sven und Beatrix von Storch – ablösen könnte.

Der Verein hat nach Auskunft von Frau von Storch derzeit sieben stimmberechtigte Mitglieder. Die aktuelle Satzung haben im Juli 2006 auch sieben Mitglieder unterschrieben:

  1. Beatrix Herzogin von Oldenburg (seit der Hochzeit: von Storch)
  2. Sven Andreas von Storch (ihr Ehemann)
  3. Huno Herzog von Oldenburg (ihr Vater)
  4. Felicitas Herzogin von Oldenburg (ihre Mutter)
  5. Ingrid Krüger
  6. Botho Graf von Eulenburg
  7. Konstatin Herzog von Oldenburg (Sohn des Bruders ihres Vaters – also ihr Cousin)

Vier der Vereinsmitglieder sind auf dem Hochzeitfoto der von Storchs zu sehen.

Mit anderen Worten: Was läuft, bestimmt die Familie. Das wird noch einmal im Paragraphen 11 der Satzung („Auflösung des Vereins“) deutlich. Dort steht: Wenn der Verein einmal aufgelöst werden sollte oder wenn das Finanzamt den Verein plötzlich nicht mehr als steuerbegünstigt anerkennen sollte, geht sein gesamtes Vermögen an den Oldenburgisch-Russischen Förderverein. Dessen Vorsitzender: Huno Herzog von Oldenburg, Beatrix von Storchs Vater. Vereinszweck: die Unterstützung sozialer Einrichtungen in Russland. „Insbesondere sollen die sozialen Institutionen gefördert werden, die von Mitgliedern des Hauses Oldenburg gegründet, bzw. geleitet wurden.“

Streng vertraulich! Das WELT Investigativ Blog


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