Strafbefehl gegen “Bambi”-Produzent Kimmig
Werner Kimmig ist einer der einflussreichsten deutschen Fernsehmacher. In der juristischen Aufarbeitung der MDR-Affäre um den Ex-Chef der TV-Unterhaltung Foht wurde nun Strafbefehl gegen ihn erlassen.
Von Uwe Müller, Lars-Marten Nagel und Marc Neller
Nun also Werner Kimmig, der Macher, einer der wichtigsten Produzenten des deutschen Unterhaltungsfernsehens. Seine Firma macht die Bambi-Gala, “Verstehen Sie Spaß”, die Schlager-Sendung “Immer wieder sonntags”. Das ist sonst seine Bühne.
Jetzt hat das Amtsgericht Leipzig nach Informationen von “Welt ” einen Strafbefehl erlassen. Es geht um Untreue in zwei Fällen. Ein Gerichtssprecher sagt der “Welt”: “Der Strafbefehl gegen Herrn Kimmig ist am 3. Januar erlassen und seinen Anwälten am 8. Januar zugestellt worden.” Zu Art und Höhe der Strafe, die mit dem Strafbefehl verbunden ist, will das Gericht nichts sagen.
Kimmig ist damit in der juristischen Aufarbeitung des MDR-Skandals um den früheren Chef der Fernsehunterhaltung, Udo Foht, der erste Beschuldigte, der von einem Gericht mit einer Strafe belegt worden ist. Nach der Strafprozessordnung kann er innerhalb von zwei Wochen Widerspruch einlegen. Tut er das nicht, kommt der Strafbefehl einer rechtskräftigen Verurteilung gleich.
Kimmig selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Sein Presseanwalt wollte sich zu der Entscheidung des Gerichts nicht äußern.
Der Produzent hinter den Superstars
Wenn Kimmig die Strafe akzeptiert, wäre das ein hässlicher Fleck in einer so makellos erscheinenden Biografie. Kimmig, geboren im August 1948, ist ein Schwergewicht der deutschen Unterhaltungsindustrie. Er war Verlagskaufmann bei Burda, Werbeleiter bei der”Freizeit-Revue” und dem Klatschmagazin “Bunte”. Im Mai 1973 hat er eine Management- und PR-Agentur gegründet, seine ersten Künstler: Paola und Costa Cordalis. Ins Fernsehgeschäft ist er Anfang der 80er-Jahre eingestiegen.
Die von ihm gegründete Produktionsfirma, die heute Kimmig Entertainment heißt und ihren Sitz in Oberkirch im Schwarzwald hat, gilt als einer der wichtigsten Anbieter für Unterhaltungsshows. Sie stellt im Jahr bis zu 130 Sendungen her. Kaum ein Sender kommt an ihr vorbei.
Da wären die Juxfilme für “Verstehen Sie Spaß” mit der versteckten Kamera. Da wären die Musikspecials: Bambi, Echo, Deutscher Fernsehpreis, Die Krone der Volksmusik, Immer wieder sonntags. Oder Shows mit Roger Whittaker, Johannes Heesters, Stefanie Hertel und Stefan Mross. Die José Carreras-Spendengala 2011. Die große Helene-Fischer-Show. Eine Riesenshow mit Andrea Berg, die Kimmig selbst die “erfolgreichste Jubiläumsshow der vergangenen Jahre” nennt.
Kimmig gerät in den Strudel des MDR-Skandals
Zu den Sendern, mit denen Kimmig dick im Geschäft war, gehört der MDR. Und das führt zu der weniger glamourösen Seite des Werner Kimmig. Er ließ sich von Udo Foht beraten, es ging um die Schlagersendung “Immer wieder sonntags”, die der Südwestrundfunk (SWR) produziert. Kimmig soll Foht dafür unter anderem ein Honorar von 10.000 Euro gezahlt haben. Unter anderem dadurch ist er in den Strudel des MDR-Skandals um den geschassten Chef der Fernsehunterhaltung geraten. Und ins Visier der Leipziger Staatsanwaltschaft.
Im Juli 2011 suspendiert der MDR Foht nach einer merkwürdiger Geschäfte. Recherchen der “Welt” tragen maßgeblich dazu bei, ein Teil dieser Geschäfte ans Licht zu bringen. Foht hat offenbar im MDR einen Staat im Staate errichtet und eine Reihe dubioser Zahlungen abgewickelt – angeblich im Namen seines Arbeitgebers, aber ohne dessen Wissen.
Auch deshalb sieht die Sache mit dem Beraterhonorar nicht gut aus. Kimmig und Foht kennen einander auch privat, Kimmig ist Fohts Trauzeuge. Es ist eine delikate Verbindung. Denn Foht entscheidet bis zu seinem Rausschmiss maßgeblich mit, welche Unterhaltungsshows in der ARD laufen und welche nicht. Er betreut also einerseits Auftragsproduktionen für die ARD und lässt sich andererseits von einem wichtigen Auftragsproduzenten der ARD bezahlen, zumindest einmal.
SWR will weitere Konsequenzen “nicht ausschließen”
Der SWR ist alarmiert. Peter Boudgoust, der Intendant, schaltet sich ein. Er schreibt seinen Verwaltungs- und Rundfunkräten, und klärt sie über die Geschäftsbeziehung zwischen Kimmig und Foht auf. Wie sich im Zuge der Aufklärung beim MDR herausgestellt habe, “hat Herr Foht gleichzeitig die Produktionsfirma Werner Kimmig GmbH beraten und dafür nach Auskunft von Herrn Kimmig ein einmaliges Honorar von 10.000 Euro erhalten”.
Der Vorgang sei für den SWR und die ARD “natürlich alles andere als erfreulich”. Der SWR habe gegenüber Kimmig “unmissverständlich klargestellt”, dass er künftig “absolute Transparenz” erwarte. Zudem schreibt Boudgoust, er könne weitere Konsequenzen “nicht ausschließen”.
Die Frage ist auch, warum Kimmig für Foht eine 10.000-Euro-Schuld bei einem Berliner Musikmanager beglichen hat, angeblich im Namen des MDR. Die Staatsanwaltschaft hat den Verdacht, dass es sich um eine Scheinrechnung handelt.
Kimmig hat der “Welt” bisher keine dieser Fragen beantwortet. Auch jetzt nicht, nach der Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig. Aber es ist gut möglich, dass er demnächst ähnliche Fragen von Verantwortlichen der ARD und anderer wichtiger Kunden gestellt bekommt. Die Unterhaltungsbranche kann, hinter den Kulissen, sehr humorlos sein.