Youporn-Chef verkauft Online-Sex-Imperium
Er schuf den größten Online-Pornokonzern der Welt, nun steigt er aus: Der deutsche Youporn-Gründer Fabian Thylmann hat sein gigantisches Imperium verkauft. Die Hintergründe des Deals sind nebulös.
Von Florian Flade und Lars-Marten Nagel
Die Gerüchte kursierten in der Pornobranche schon eine Weile: Die Spitzenmanager des Internet-Sex-Giganten Manwin würden den deutschen Firmeneigentümer Fabian Thylmann gerne loswerden, weil deutsche Staatsanwälte gegen ihn wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermitteln.
Hinter vorgehaltener Hand hieß es: Thylmann solle ein Angebot bekommen, das er nicht ablehnen könne.
Nun ist es offenbar so weit. Das amerikanische Branchenmagazin Xbiz vermeldet: Thylmann verkauft seine Anteile an der Unternehmensgruppe, zu der bekannte Pornomarken wie Youporn, Pornhub oder MyDirtyHobby gehören, an ein “Top-Management-Team” der Gruppe.
Das Magazin zitiert aus einem Brief von Fabian Thylmann und dessen Frau an die Mitarbeiter von Manwin. Mit “Trauer im Herzen” hätten sie sich für den Schritt entschieden. “Bitte glauben Sie mir, diese Entscheidung war eine der schwersten im Leben von meiner Frau und mir”, heißt es in dem Brief.
Die genauen Gründe für den Abschied ließen die Eheleute im Unklaren. “Beide, ich selbst und Manwin, sind an einem Punkt, an dem ich mit meinen Fähigkeiten keinen entscheidenden Wert mehr beitragen kann”, schreibt Thylmann.
Zukünftig wird in Kanada entschieden
Der IT-Unternehmer nannte auch nicht die Namen der Spitzenmanager, die das Unternehmen nun übernehmen. Der für gewöhnlich gut informierte Branchenblogger Mike South schreibt allerdings, dass es sich bei den Käufern um Feras Antoon und David Tassilo handeln soll.
Beide sind Manager im kanadischen Standort von Manwin in Montreal, wo der überwiegende Teil der Mitarbeiter sitzt. Der Standort gilt als größter und wichtigster in der Firmengruppe und Antoon als zentrale Figur in Montreal.
Nachdem Thylmann im vergangenen Dezember von deutschen Staatsanwälten verhaftet worden war und mehrere Tage in Untersuchungshaft verbrachte, hatte ihn Antoon bereits als Geschäftsführer der Manwin Holding Sarl abgelöst. Dabei handelt sich um die Dachholding von Mawin, die in Luxemburg gemeldet ist.
Thylmann blieb trotzdem vorerst Alleineigentümer. Warum er sich ausgerechnet jetzt für den Verkauf entschieden hat und ob jemand auf ihn Druck ausgeübt hat, ist unklar.
Kaufpreis könnte mehr als 100 Millionen Dollar betragen
South behauptet, mehrere Informanten hätten ihm gegenüber von einem Kaufpreis von 100 Millionen Dollar (rund 73 Millionen Euro) gesprochen, die Thlymann für die Firmengruppe erhalte.
Zudem gebe es eine “Notiz über zusätzliche 200 Millionen”. Ob die Summe stimmt, woher die kanadischen Manager das Geld haben und ob weitere Investoren beteiligt sind, ist nicht bekannt.
Für Fabian Thylmann endet damit eine ungewöhnlich steile Karriere mit dem dubiosen Unternehmensgeflecht. In den vergangenen Jahren hatte Thylmann mit Manwin eine atemberaubende Expansion hingelegt und viele bekannte Pornofirmen zusammengekauft. Lange galt der Mitdreißiger als der neue Hugh Heffner. Auch weil Manwin eine Lizenz von “Playboy” für die Online-Vermarktung und die Fernsehsender der Bunny-Marke erhielt.
Andererseits polarisierte Thylmann die weltweite Pornoindustrie, weil er mit sogenannten Tube-Seiten Onlinesex auch gratis anbietet. Er war die ultimative Billigkonkurrenz, ein Revolutionär der Geschäftsmodelle, aber immer auch ein Rätsel.
Thlymann schuf größten Online-Pornokonzern der Welt
Xbiz zufolge ist Manwin mittlerweile der größte Online-Pornokonzern der Welt. Die Firmengruppe betreibt Tube-Seiten und andere Pornoangebote wie Youporn, Pornhub, Reality Kings, XTube, Brazzers, Extremetube, MyDirtyHobby, das Pornostudio Digital Playground und das Live-Sex-Angebot Webcams.com.
Das Geld für die vielen Zukäufe stammte aus einem 362-Millionen-Dollar-Kredit, den Thylmann zwei ehemalige Goldman-Sachs-Banker vermittelt hatten. Ein Teil des Kredits ist bis zur New Yorker Hedgefonds Fortress Investment Group zurückzuverfolgen.
Die “Welt am Sonntag” hatte vor einem Jahr als erste Zeitung die fragwürdigen Strukturen und Methoden von Manwin öffentlich gemacht und die Karriere des Chefs und Gründers Fabian Thylmann beschrieben.
In dem Dossier ging es auch um Auffälligkeiten in der Firmenkonstruktion, die den Verdacht der Steuerhinterziehung aufkommen ließen. So fanden die Reporter die Luxemburger Büros, in denen die Dachholding und mehrere Tochterfirmen residieren, verwaist vor.
Sie entdeckten zudem ein unübersichtliches Geflecht aus mehr als 35 Firmen in Montreal, London, Hamburg, Los Angeles und auf Zypern.
Im Dezemer 2012 kam die Steuerfahndung
Insbesondere Aussagen von Mitarbeitern und Dokumente aus dem Hamburger Büro der Sexseiten von MyDirtyHobby hatten damals auf fragwürdige Geschäftsmethoden hingewiesen. So erhielten deutsche Pornodarsteller für ihre Filme Rechnungen, auf denen die zypriotische Mehrwertsteuer abgezogen wurde.
Fragen zur Firma ließen Thylmann und seine Sprecherin damals unbeantwortet. Allerdings gingen sie später juristisch gegen die Veröffentlichung der “Welt am Sonntag” vor und verloren vor Gericht.
Im Dezember 2012 schlug dann die deutsche Steuerfahndung zu. Die Beamten durchsuchten Thylmanns Villa bei Brüssel und die Manwin-Büros in Hamburg. Der Manwin-Chef verbrachte mehrere Tage in Untersuchungshaft.
Warten auf die Anklage
Erst gegen die Zahlung einer zweistelligen Millionenkaution kam er wieder auf freien Fuß. Seinen Pass behielten die Behörden ein.
Gleich zwei deutsche Staatsanwaltschaften ermittelten zwischenzeitlich gegen den Unternehmer. Zu dem Verdacht der Steuerhinterziehung – die Rede ist von mehr als zehn Millionen Euro – kam auch der Verdacht der Verbreitung von Pornografie an Minderjährige.
Wie lange die Behörden für ihre Ermittlungen brauchen werden und ob es Anklagen geben wird, ist ziemlich exakt ein Jahr nach der ersten Veröffentlichung in der “Welt am Sonntag” nicht abzusehen.
In Thylmanns Abschiedsbrief an seine Mitarbeiter ist jedenfalls keine Selbstkritik zu erkennen: “Ich hoffe, ich habe Euch allen und dem Management die richtigen Werte beigebracht, um die Firma auf dem besten Weg weiterzuführen. Ich freue mich auf ihre weitere Entwicklung. Wer weiß, vielleicht werden sich einige unserer Wege wieder kreuzen.”